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Nein zum faulen Kompromiss

Es ist kein Weihnachtsgeschenk, das uns eine Mehrheit der eidgenössischen Räte mit ihrem Vorschlag zur Umsetzung der MEI im Differenzbereinigungsverfahren zumutet.

Vielmehr ein fauler Kompromiss, den wir aus Sicht der Betroffenen aufs Schärfste verurteilen und ablehnen. Der Inländervorrang, der uns als ältere Erwerbslose in seiner griffigen Variante einst Hoffnung schöpfen liess, mutierte in der Beratung der Räte zu einem Vorrang aller EU‐BürgerInnen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt. Wie ein gerupftes Huhn steht das Müller-­Konstrukt nun da. Wenigstens wird sichtbar, worum es den Zerzausern ging. Hätten sie gar nichts übrig gelassen, wozu es einige Eiferer durchaus gelüstet hätte, würde man ihnen demnächst die Unterzeichnung des Horizon 2020 Abkommens verwehren. So der Deal des Bundesrates.

Und wer profitiert nun wie? Wer als Unternehmen bislang im EU‐Ausland rekrutierte, kann nun direkt über die RAV-­Strukturen eine Auswahl von geeigneten KandidatInnen aus dem gesamten EU-­Raum treffen. Einzige Bedingung: Die Jobsuchenden müssen beim RAV gemeldet sein. Doch das spricht sich schnell europaweit herum. Die RAV als stille Zudiener für die Rekrutierung günstiger Arbeitnehmenden aus dem EU-Raum, während die Wirtschaft auf der andern Seite die Ablehnung von KandidatInnen nun doch nicht begründen muss.

Doch Wirkung soll diese Massnahme erst bei hohen Arbeitslosenzahlen haben. Und erst noch einzig in Branchen, die keine Mangelberufe aufweisen. Wir kennen ihn alle, den Trick, wie man die Arbeitslosenzahlen tiefer hält als sie sind. Mit einer Zuweisung der Arbeitlosen in eine arbeitsmarktliche Massnahme (AMM) verschwinden diese nämlich automatisch aus der Seco-­Arbeitslosenstatistik. Sie tauchen lediglich noch in der Statistik der Stellensuchenden auf. Doch diese Zahl wird vom Seco weder publiziert, noch hat sie auf den oben benannten Mechanismus eine Wirkung. Älteren Jobsuchenden bringt dieser EU-­Inländer-Vorrang hingegen kein einziges zusätzliches Vorstellungsgespräch. Die Altersguillotine wird weiterhin zuschlagen, einzelne Schicksale wie bisher als bedauerlicher Kollateralschaden abgetan. Die Zahl der über 45-­jährigen beim Seco gemeldeten Stellensuchenden, die heute bei rund 80 000 liegt, wird weiter ansteigen, wie dies die letzten Jahren ohne Ausnahme zutraf.

Davon abgesehen ist der Mehrheitsentscheid der beiden Parlamente ein klarer Affront gegen alle, die am 14. Februar 2014 ein JA in die Urne legten. Viele davon waren und sind keine SVP-­Anhänger. Es waren Menschen, die genug hatten von der eigenen Bange um den Arbeitsplatz, vom allgemeinen Dichtestress, von der damit zusammenhängenden Verknappung von zahlbarem Wohnraum und der Arroganz der Wirtschaft und Politik, denen es mit ihrem liberalen Gehabe in erster Linie um die eigene Profitmaximierung, ihr eigenes Ego ging und geht. Sie Die Ja-­Stimmenden erhofften sich eine Welt, die ihre Werte achtet und sich mit ihnen und nicht gegen ihre Interessen verbündet.

Selbst die Studie, die kurz vor der Parlamentsberatung aufzeigte, dass 80 Prozent der seit 2007 zugewanderten 750 000 Personen in keinen Mangelberufen tätig sind, vermochte die Mehrheit nicht auf eine Lösung umzustimmen, die den inländischen Jobsuchenden zumindest einen Vorrang bei der Jobsuche gewährt hätte. Jeder Dritte der rund 208 000 beim Seco gemeldeten Stellensuchenden stammt zudem aus dem EU-Raum. Rund 200 Millionen Franken bezahlt die Arbeitslosenversicherung heute bereits Erwerbslosen ins Ausland, wo die Saisonniers keinem schikanösem RAV-­‐Kontrollsystem unterliegen, wie das vielen älteren Einheimischen Jobsuchenden zugemutet wird. Nur weiter so, Ihr da oben in Bern, irgendwann wird euch diese Arroganz, das fehlende Verständnis für vom Leben gebeutelte Menschen einholen. Aber dann wird der Preis höher sein, als es derjenige gewesen wäre, der ein griffiger Inländervorrang gekostet hätte.

Zusammenfassung der Debatten um die Umsetzung der MEI:
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-­‐curia-­‐vista/geschaeft?AffairId=20160027#/AffairSummary

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Neues Weiterbildungsgesetz: Ein Zahnloser Papiertiger

Dank dem Volksentscheid schaffte es der Grundsatz der Weiterbildung 2006 in die Verfassung. Das ist die Grundlage für das Anfang 2017 in Kraft tretende Weiterbildungsgesetz. Um das Fazit vorweg zunehmen: Das Gesetz ist das Papier nicht wert, auf dem es steht. Ein Monitoring und weitere Statistiken, ansonsten ist alles «Kann».

Dank dem Volksentscheid schaffte es der Grundsatz der Weiterbildung 2006 in die Verfassung. Das ist die Grundlage für das Anfang 2017 in Kraft tretende Weiterbildungsgesetz. Um das Fazit vorweg zunehmen: Das Gesetz ist das Papier nicht wert, auf dem es steht. Ein Monitoring und weitere Statistiken, ansonsten ist alles «Kann».

Es kann wer will sich weiterbilden, selbstverständlich in Eigenverantwortung wie gehabt. Doch wer weiss denn heute schon, welche Weiterbildungen einem das Morgen im Unternehmen sichern. Dazu müsste man die mittelfristigen Strategien der Unternehmen sowie die Folgen der Digitalisierung für die jeweiligen Branchen kennen. Strategen von Telecom-­‐Unternehmen zweifeln heute sogar schon am Nutzen von ETH-­‐Ausbildungen. Das Wissen sei nach Abschluss der Ausbildung bereits veraltet. Gesucht seien im ICT-­‐Bereich Profile, für die es gar keine offiziellen Lehrgänge gäbe.

Es kann wer will als Arbeitgeber Fürsorgepflicht übernehmen für seine Arbeitnehmenden. Aber wer tut das schon heute, wo die offenen Landesgrenzen es ermöglichen, armen Ländern ihre teuer ausgebildeten Arbeitskräfte für ein Butterbrot abzuwerben.

Es kann wer will, sich auch an Fachhochschulen weiterbilden. Eine Studie belegt überdies, dass es vorwiegend jugendliche Männer auf dem Karrieresprung sind, die sich damit ihr Familienglück auf der grünen Wiese sichern. Schwierig wird es, wenn die Ehefrauen nach der Kinderphase oder Arbeitnehmende im Hinblick auf ein längeres Arbeitsleben diesen Sprung in der Lebensmitte nachholen möchten. Der Türe zum Stipendientopf bleibt mit 45 Jahren weiterhin zu.

So kennt der Zugang zu Weiterbildungen im Hinblick auf tertiäre Abschlüsse noch weitere Hürden. Neu werden nicht mehr Institutionen subventioniert, sondern Teilnehmende. Der Ständerat wollte den potentiellen Teilnehmenden den Zugang erleichtern, in dem er die Zuschüsse an die Ausbildungskosten jährlich ausrichten wollte. Eine bildungsfeindliche Mehrheit, angestossen vom Arbeitgeberverband, wusste dies in letzter Sekunde zu verhindern. Die Beiträge werden neu erst nach der staatlichen Prüfung ausbezahlt. Einzig in absoluten Härtefällen kann der Bund Teilbeiträge im Voraus gewähren.

Ein interessantes Beispiel über die Effekte der Weiterbildung liefert Finnland. Obwohl das Land im europäischen Vergleich mit den meisten technologischen und organisatorischen Veränderungen konfrontiert war, weist es heute das geringste Mass an Veraltung von Qualifikationen am Arbeitsplatz aus. Finnland legte den Schwerpunkt auf eine hohe arbeitsbezogene Weiterbildung. Vor diesem Hintergrund ist es äusserst bedauerlich, dass das neue Gesetzt die Arbeitgeber nicht in die Verantwortung nimmt.

Einzig für die Förderung von Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen fliesst über das Weiterbildungsgesetz ein wenig Geld. Illettrismusfachleute schätzen, dass in der Schweiz heute rund 20 Prozent Schwächen bezüglich Grundkompetenzen aufweisen. Den Kantonen bleibt es aber überlassen, ob sie in dieser Sache aktiv werden wollen, oder nicht. Erste Recherchen zeigen, dass sich die Fachleute schwer tun mit der Umsetzung. Private Bildungsanbieter reissen sich ebenfalls nicht um die Durchführung solcher Kurse. Die Mobilisierung von Betroffenen erweist sich als schwierig. Die Kursbesuche müssen heimlich erfolgen, denn bekommen Arbeitgeber Wind von den Schwächen ihrer Mitarbeitenden, müssen sie damit rechnen, als erste entlassen zu werden oder mit Lohnkürzungen bestraft zu werden. Trotz leicht erhöhter Beiträge durch den Bund befürchten Fachleute, dass das Geld nicht ausreichen wird, um die vorhandenen Angebote, die heute teilweise über Spezialgesetze geregelt sind, aufrecht erhalten zu können.

Doch die grösste Sorge gilt der Antwort: Was passiert mit diesem Bevölkerungs-­‐Fünftel, wenn Arbeitsplätze für Niederqualifizierte in Zukunft munter weiter ausgelagert werden? Ob dem Geschrei über den Mangel an Fachkräften, mangelt es in Bern an politischen Konzepten im Hinblick auf solche Entwicklungsszenarien.

Wie Bildungspolitiker angesichts dieser Misere Euphorie in Bezug auf die Inkrafttretung dieses Gesetzes verbreiten können, wie das Bruno Weber von Travail Suisse im Tagesanzeiger vom 13. Dezember tut, erinnert an des Kaisers neue Kleider von Gottfried Keller. Vielleicht ist es auch Teil einer Bewältigungsstrategie, die seinen zahlreichen Gängen in der Berner Wandelhalle doch noch einen Sinn verleiht.

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Bundesrat gesteht: Schutz vor Diskriminierung ungenügend

In seinem Bericht vom April 2016 gesteht der Bundesrat, dass er sich bis anhin getäuscht hat. Die aktuelle Rechtslage bietet einen ungenügenden Schutz vor Diskriminierung. Das kritisierten wir bereits in unserer Petition für ein Antidiskriminierungsgesetz, die wir vor einem Jahr in Bern einreichten. Immerhin wurde jetzt das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrecht beauftragt, in den nächsten zwei Jahren einen Bericht zu erstellen, der sich über die Diskriminierung der Älteren auslässt. Da wir zu einem Expertengespräch geladen sind, bitte wir um Rückmeldung Eurer Anliegen… zum Bericht
Zur öffentlichen Veranstaltung zum Thema vom 10. 11.2016 in Bern mehr

Seco-Statistik der Stellensuchen

Im Oktober 2016 verzeichnete das Seco 78 826 Stellensuchende im Alter 45plus. Das sind 13 920 mehr als im Oktober 2012. Der Zuwachs von 21 Prozent liegt bei dieser Altersklasse über dem Durchschnitt. Nicht dabei sind die Ausgesteuerten und Frauen, die den Wiedereinstieg suchen. mehr

Hat Aufsichtsbehörde Seco ein Führungsproblem?

Zu oft haben wir es als Verein erlebt, dass die RAV Versicherten im Alter 50plus eine notwendige Weiterbildung verwehrten. Der Standard-Satz: Das Gesetz verbietet dies. Einige davon wurden in der Folge ausgesteuert und fanden danach keinen Job mehr. Mit Mail vom 24.11.2014 zeigte sich das Seco verwundert über diese Praxis. Nur leider änderte sich bei den ausführenden RAV die Praxis nicht. In einem Exempel prangerte darum der Verein in einem offenen Brief an die Luzerner Regierung die Praxis der ausführenden Behörden an. Die Antwort (2016.03) legt erneut Zeugnis davon ab, wie willkürlich die Rechtsauslegung von (mehr …)