(HJ) Das Erfreuliche vorweg: 2019 waren 181 800 Stellensuchende beim Staatssekretariat für Wirtschaft und Arbeit (Seco) registriert, 2018 waren es noch 191 000. Nicht mitgezählt die Ausgesteuerten. Auch bei den Jobsuchenden ab 45plus zeigte sich erstmals ein kleiner Rückgang. In absoluten Zahlen weist die Seco-Statistik für den Dezember 2019 immerhin noch 77 800 Stellensuchende (ohne Ausgesteuerte) im Alter 45plus aus. Ob der Hochleistungsmarkt Schweiz die älteren Jobsuchenden tatsächlich besser integrierte, beweisen die Statistiken nicht. Glaubt man der Rundstedt-Studie, die kürzlich veröffentlicht wurde, wurden 2019 zwar weniger Personen im Alter 50plus entlassen, offenbar aus Imagegründen (ein Dankeschön an unsere Arbeit), aber bei der Integration dieser Zielgruppe zeigte sich auch bei Rundstedt, was wir täglich beobachten, dass die Unternehmen die Älteren bei der Jobselektion diskriminieren.
Die einzigen Zahlen, die klar Aufschluss über den Grad der Integration von Älteren geben könnten, wären jene, die aufgrund der Massnahme des Inländervorranges vom Seco für 2019 ausgewiesen wurden. Obwohl die Fakten bezüglich Alter und Landeszugehörigkeit der Vermittelten vorliegen, schweigt sich das Seco ganz bewusst vor der Abstimmung über die Personenfreizügigkeit darüber aus. Medien und Politik scheint diese Bevormundung nicht zu stören!
Ein Blick auf das europäische Ranking der Erwerbslosenzahlen dämpft die Freude überdies: Gerade mal auf Platz 7 zeigt sich das Topland Schweiz mit einer Erwerbslosenquote von 4.7 Prozent. Dass die Älteren in der Schweiz länger auf Jobsuche sind als in den übrigen OEDD-Ländern, zeigte bereits die Seco-Studie 2014 zum Arbeitsmarkt der Älteren.
Die Frage nach dem Grund, warum sich der Arbeitsmarkt 2019 nach 10 Jahren Wirtschaftswachstum erstmals wieder auf dem Rekordniveau der Arbeitslosenzahlen von 2002 präsentiert, ist schnell beantwortet. Der kurzfristige Aufschwung bei der Integration hängt mit dem Stand der Digitalisierung der Arbeitsprozesse zusammen. Die Einführung der Technik benötigt vorübergehend mehr Personal. Ein Beispiel sind die Selfscanning-Kassensysteme bei den Detailhändlern, die, einmal implementiert, vermehrt zur Entlassung von Arbeitnehmenden führen wird. Da es sich bei den Personen, die der Strukturveränderung zum Opfer fallen, bei den Wenigsten um Spezialisten des Quartiärsektors handelt, werden wir sehr bald wieder deutlich höhere Erwerbslosenzahlen zu verzeichnen haben.
Der Eindruck, das Seco bereite sich ernsthaft auf die Zeiten nach dem kurzfristigen Wirtschafts-Hype 2019 vor, vermochte es anlässlich des Mediengesprächs vom 10. Januar 2020 nicht zu vermitteln. Der Liegestuhl, um sich auf den Lorbeeren auszuruhen, schien näher.
Ein Rückblick zeigt denn auch, dass das Seco in der Vergangenheit keinen einzigen Reformschritt von sich aus einleitete. Sei es der Inländervorrang-Light oder die Überbrückungsrente, das Seco hat sich im Vorfeld sogar gegen diese Reformen ausgesprochen. Auch die Optimierung der längst veralteten Software AVAM wurde nur gerade an die Hand genommen, weil die Umsetzung der Stellenmeldepflicht mit der veralteten Software nicht hätte umgesetzt werden können.
Ausser Fragen, waren am sog. Mediengespräch keine Statements zugelassen! An dieser einseitigen Kommunikation schien sich niemand ausser uns zu stören.
Die wichtigsten Forderungen von Avenir50plus Schweiz:
Abschaffung bzw. Angleichung der Altersstaffelung beim BVG
Gesetzlicher Schutz vor Altersdiskriminierung (Volksinitiative in Planung)
Förderung Age-Management, bzw. Generationenmanagement
Flächendeckende Sensibilisierungsmassnahmen
Überbrückungsrenten für Ü55, gekoppelt an gesetzlichen Schutz vor Altersdiskriminierung
Was Avenir50plus aufgrund eigener Beobachtungen feststellte, bestätigt nun auch die Rundstedt-Studie: Der Erfolg, über Bewerbungsplattformen zu einem neuen Job zu kommen, ist für die Ü50 sehr klein», sagte Studienleiter Pascal Scheiwiller von der Outplacement-Firma Von Rundstedt, die ihr jüngstes Arbeitsmarkt-Barometer veröffentlicht hat. Mehr lesen Bluewin
Die NZZ beschränkt sich in der Berichterstattung zur Studie lediglich auf den Aspekt der Kündigungen, von denen 40plus noch mehr betroffen ist als 50plus. Offenbar ist die Angst vor Imageverlust aufgrund der öffentlichen Meinung bei Kündigungen für die Zielgruppe 50plus zu gross. Unternehmen weichen so auf diejenigen aus, die weniger im Rampenlicht stehen. Damit ist die Altersdiskriminierung keinesfalls vom Tisch.
Für einmal möchte man ihn umarmen: Unseren Bundesrat Berset, der endlich eine Untersuchung gegen das Treiben der IV einleitet, die das eigentliche Ziel – all jenen, die aus der Arbeit geschädigt hervorgehen, eine menschenwürdige Rente zu sichern – schon längst aus den Augen verloren hat. Das berichtet der Tagesanzeiger vom 21.12.2019.
«Aufgeschnappt in der Kaffeepause am 4.12.2019 anlässlich dem Luzerner Gesellschaftskongress» IV-Chef Dummermuth (SZ) gegenüber einem SUVA-Vertreter: «Sollten die da in Bern tatsächlich die Frechheit haben zu beschliessen, dass die IV-Abklärungsstellen die Gespräche auf Tonband aufnehmen müssen, dann werden wir das Spiel einfach umkehren und die Tonbandaufnahmen gegen die Klienten verwenden.» Dumm von Dummermuth, dass er in seinem emotionalen Ärger nicht darauf achtete, wer am Nebentisch auch noch Kaffee trinkt.
(HJ) Ausgesteuerte Arbeitslose Ü60 sollen künftig Überbrückungsleistungen erhalten. Das beschloss der Ständerat am 12.12.2019. Doch er rupfte das Huhn zuvor derart stark, dass es Betroffenen kaum mehr Anreiz bietet, im Gegenzug im nächsten Frühjahr die Personenfreizügigkeit (PFZ) zu verteidigen. Statt 58 350 Franken gewährt man Alleinstehenden gerade noch 38 900 Franken (inkl. Kranken- und Zahnarztkosten). Das entspricht in Aufrechnung aller Kosten und Risiken in etwa dem Betrag, den ältere Ausgesteuerte der Stadt Zürich von der Sozialhilfe erhalten (31 200 Franken exkl. Kranken- und Zahnarztkosten). Damit wird es nicht ernsthaft möglich sein, weiterhin Beiträge in die Pensionskasse einzubezahlen. Einziger Unterschied zur Sozialhilfe bestünde noch darin, dass die Bezugsgrenze bei Vermögen nicht bei 4000 Franken liegt, sondern bei 100 000 Franken.
Die ÜE-Leistungen werden nicht, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, bis zum ordentlichen AHV-Alter bezahlt, sondern nur noch bis zum Alter der Frühpensionierung. Die Altersleistungen der Ausgesteuerten werden dadurch zusätzlich geschmälert. Erfolgreich am Crash beteiligt war eine unheilige Allianz von PFZ-Gegnern aus dem Lager der SVP im Zusammenspiel mit PZF-Befürwortern unter dem Fahnenträger Ruedi Noser. Dass der Crash im Nationalrat, wo die Vorlage Anfang 2020 traktandiert wird, weiter geht, davon ist auszugehen.
EFZ als Jobkiller Thomas Minder, SH, in den Augen vieler ein moderner Kreuzritter der kleinen Leute, entpuppte sich als heftiger Gegner der Vorlage. Hätte man den wahren Inländervorrang anstelle der Light-Version umgesetzt, hätte man sich die Übung ersparen können. Ältere würden nun mal rund 10 Prozent mehr kosten und blieben somit unattraktiv für die Arbeitgeber. Die EFZ sei und bleibe ein Jobkiller. Sein wahres Gesicht zeigte er im Hinweis auf Schröders einstige Reform der Arbeitslosenversicherung in Deutschland. Die Kürzung von 32 Monaten Arbeitslosengelder auf 18 Monate hätte die Erwerbslosenzahl stark verringert. Dabei scheint er auszublenden, welches Elend die 1-Euro-Jobs über die Betroffenen gebracht hat. Nicht ohne Grund wendet sich Deutschland aktuell von dieser Reform ab. Aus seiner Sicht müsste man mehr Anreize für Unternehmer schaffen, u.a. in Form von Wiedereinstiegsprämien. Auch Ständerat Eder, ZG, votierte in diese Richtung. Nur wurden entsprechende Vorstösse von Avenir50plus Schweiz in der Vergangenheit regelmässig gebodigt, in Basel, in St. Gallen, in Zürich und in Luzern, wo das Anliegen zwar überwiesen wurde, aber in der Schublade auf Nimmerwiedersehen landete.
Die Ständeratsdebatte zeigte einmal mehr, dass die Probleme der Menschen, die dem wirtschaftlichen Strukturumbau zum Opfer fallen, nur auf der Oberfläche abgehandelt werden, wodurch die einzelnen Anliegen auch leichtes Futter für politische Machtkämpfe und persönliche Eitelkeiten sind. Was fehlt ist eine eigentliche Strategie für den Arbeitsmarkt 50plus, die u.a. einen gesetzlichen Schutz vor Altersdiskriminierung beinhaltet. Diese Forderung kam in dieser Debatte leider nicht einmal den Linken über die Lippen.
Newsletter 2) 2019.12.10 ans Parlament: Zwei Tage vor der Ständeratssitzung, an der die Botschaft zur Überbrückungsrente zur Diskussion steht, schreiben sich NZZ und Tagesanzeiger die Finger wund. Beide wollen sie das kleine Zugeständnis an die älteren Erwerbslosen partout verhindern. So schreibt in etwa die NZZ vom 10. Dezember: Der Trend verstärkt unsere Neigung zu vergessen, woher der Wohlstand kommt – von Arbeit, Investitionen und Innovationen und nicht vom Christkind. Und nicht genug: Zu erinnern sei auch an ein eisernes Gesetz der Sozialpolitik: Ist ein Ausbau einmal beschlossen, bringt man ihn fast nicht mehr weg.
Wer so daherredet, kennt das Wesen der Arbeitslosigkeit im Alter nicht und oder redet doppelzüngig. Die Betroffenen wollen in erster Linie Arbeit, die ihnen ein würdiges Altern erlaubt. Viele sind auch zu Zugeständnissen bereit. Arbeit gibt ihrem Leben Sinn und schafft Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft, der sie über viele Jahre hinweg mit einer profunden Arbeitsleistung gedient haben. Keine Arbeit zu haben macht oft krank und scheuert Wut an allen Fronten gegen die politische Elite.
Doch der Arbeitsmarkt lässt sie weitgehend auf der Strecke, kennt die Schweiz denn auch kein Recht auf Arbeit. Viele Arbeitgeber rekrutieren immer noch lieber aus dem Ausland, statt Ältere einzustellen, weil es ihnen kurzfristig billiger erscheint. Oder aber sie verlagern Teilarbeiten ins Ausland, wie die NZZ-Group, dessen Brot der hetzende Redaktor isst. Die von der NZZ auf die Strasse gestellten Korrektoratfachleute würden viel lieber ihrer gewohnten Arbeit nachgehen, statt auf eine Überbrückungsrente zu warten. Doch wer keine Wahl hat, nimmt als Betroffener dankend Zuflucht zu dieser Massnahme der sozialen Abfederung, um sich alternativ den Gang auf das Sozialamt zu sparen.
Auch bezogen auf ein Leben mit Sozialhilfe verkennt der NZZ-Redaktor die Not der Betroffenen. Wer sich bei der Sozialhilfe meldet, wird in vielen Fällen nach dem Jobverlust auch noch zur Aufkündung der Wohnung gezwungen, weil die Mietzinsobergrenzen in der Sozialhilfe je nach Gemeinde zwischen 650 und 1100 Franken liegen. Die Ergänzungsleistungen, die bei der Überbrückungsrente zum Zuge kommen, gewähren höhere Mieten und sichern damit das gewohnte Wohnumfeld.
Wer es heute als älterer Sozialhilfebeziehender aus psychischen Gründen nicht schafft, die Wohnung, die über der Mietzinsobergrenze liegt, zu verlassen, bezahlt einen hohen Preis. Der Grundbedarf von 986 Franken wird um die erhöhte Miete gekürzt. Im Einzelfall kann es dann wohlformuliert in einem Beratungsgespräch heissen: «Wenn ich mehr Geld hätte, würde ich gerne mehr essen». Und das kurz vor Weihnachten, wo ein Teil unserer Gesellschaft sich in Lichtern einhüllt, um das Dunkel draussen nicht wahrnehmen zu müssen.
Eine Überbrückungsrente ist lediglich ein Mosaikstein einer Strategie, die einen Teil der älteren Erwerbslosen in Würde altern lässt. Doch wer Jobs für alle im Alter will, der soll es nicht dem Christkind überlassen, sondern gleichzeitig die Bestrebungen für einen gesetzlichen Schutz vor Altersdiskriminierung aktiv unterstützten.
Frohe Adventszeit für alle Heidi Joos, Geschäftsführerin Avenir50plus Schweiz.
Die Basler Verwaltung soll eine Vorreiterrolle einnehmen und nur noch Bewerbungsunterlagen ohne Foto und Namen akzeptieren. Sogar ein SVP-Vertreter unterstützt die Idee. Mehr lesen in der BAZ-Online…
Medienmitteilung: Die älteren Jobsuchenden werden in der Schweiz weiterhin täglich aufgrund ihres Alters diskriminiert. Das bestätigen sowohl Betroffene wie auch Arbeitsmarktbehörden und Arbeitgebende (Studie HSLU zum Generationenmanagement). Avenir50plus Schweiz, der Verband der älteren Erwerbslosen, beauftragte vor diesem Hintergrund Prof. Kurt Pärli von der juristischen Fakultät Basel mit einem Rechtsgutachten. Die Rechtsschrift, die nun vorliegt, schafft einen profunden Überblick über den Arbeitsmarkt 50plus, plädiert u.a. auch für einen gesetzlichen Schutz vor Altersdiskriminierung.
Keine Überbrückungsrente ohne gesetzlichen Schutz vor Altersdiskriminierung Die Schaffung einer Überbrückungsrente, wie sie am 12. Dezember 2019 auf der Traktandenliste des Ständerates steht, wird nur dann nicht zum Bumerang, wenn begleitend ein gesetzlicher Schutz vor Altersdiskriminierung gewährt wird. Ähnliches trifft auch auf die Forderung nach einem erweiterten Kündigungsschutz und weiteren Massnahmen zu. Zur Medienmitteilung
Jährlich werden gemäss Seco-Statistik rund 38 000 Erwerbslose ausgesteuert. Rund die Hälfte davon sind älter als 45 Jahre. 64 Prozent der Ausgesteuerten finden laut der aktuellen Untersuchung nach einem Jahr wieder eine Arbeit. Oft in prekären Arbeitsverhältnissen. Im Rückblick von fünf Jahren ab 2018 seien 69 Prozent dieser 34 Prozent der Ausgesteuerten immer noch ohne Arbeit. Umgerechnet in Zahlen würde das folgendes heissen: 34 Prozent von 38 000 Ausgesteuerten über fünf Jahre aufgerechnet ergeben ein Total von 64 600 Personen. Davon seien 69 Prozent weiterhin nach fünf Jahren ohne Arbeit, demzufolge 44 574 Personen. Das Alter dieser Personen, die in diesen fünf Jahren keine Arbeit mehr finden, lässt sich offenbar nicht herausfinden, wie eine Anfrage beim Bundesamt für Statistik zeigt.
Auch wenn die Anzahl von 44 574 Personen, die auch nach fünf Jahren keine Arbeit haben an sich hoch ist, so darf doch angenommen werden, dass die Anzahl der Betroffenen in der Realität einiges höher liegt. Wir haben für 2018 allein über 50 000 Personen im Alter über 50 Jahren bei der Sozialhilfe gemeldet. Darüber hinaus gibt es eine sehr hohe Anzahl von Ausgesteuerten, die von ihrem Vermögen leben. Die Zahlen, die die Statistik bezogen auf das Leben nach der Aussteuerung ausweist, sind keine realen Zählungen. Es handelt sich um telefonische Befragungen, die in der Folge hochgerechnet werden. Die Tatsache, dass viele Ausgesteuerte als erstes ihre Festnetznummer aufkünden zeigt doch, wie relativ solche Statistiken sind.
Weil die Aufträge aus dem Ausland zunehmend fehlen, hat sich bei den Schweizer Industriefirmen ein Kapazitätsüberhang aufgebaut. Gleichzeitig haben die Firmen die Belegschaft weiter aufgestockt – eine gefährliche Kombination. Das schreibt die NZZ vom 16. November.
Andere Töne kommen aus der Innerschweiz, wo man meint einen Fachkräftemangel zu orten, wie die LZ vom 15. November berichtet. Ob dieses Gejammer nur Stimmungsmache ist für höhere Einwanderungskontigente und oder Ausdruck von unflexiblen Arbeitgebern, die immer noch keine Querteinsteigenden zulassen, lässt sich schwer sagen. Sicher wie das Omen in der Kirche ist jedoch, dass auch die Innerschweiz nicht unberührt bleiben wird, sollten die Aufträge aus Deutschland weiterhin zurückgehen.
Die Schweiz lässt Dutzende Ärzte, die ihre Praxis in Deutschland haben, als IV-Gutachter einfliegen. Sie sollen entscheiden, wer eine IV-Rente bekommt. Das schreibt der Sonntagsblick vom 17. November. Mehr lesen…