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Medienmitteilung 21.4.2020. Nichts gegen Anreize, um Freiwillige zur Arbeit auf dem Felde zu ermuntern. Die Krise darf jedoch nicht dazu missbraucht werden, Arbeitslose zu Zwangsarbeit in der Landwirtschaft zu verdonnern, wie das die Kommission für Wirtschaft und Arbeit (WAK) des Nationalrates, angestossen von der SVP und unterstützt vom Arbeitgeberverband, in Betracht ziehen. Was früher Verdingkindern angetan wurde, darf sich 2020 mit Arbeitslosen nicht wiederholen. 

An vorderster Front setzt sich die SVP sowie ihre Gefolgschaft dafür ein, dass das Arbeitslosengesetz, das in Artikel 16 die «Zumutbarkeit bei der Vermittlung von Erwerbslosen» definiert, aufgeweicht werden soll. Das nicht nur während der aktuellen Krise, sondern für immer.

Das Arbeitslosengesetz stamme aus der Schönwetterperiode und sei im Hinblick auf die sich anbahnende Krise nicht mehr zeitgemäss. Dazu muss man wissen, dass die Zumutbarkeitskriterien bereits jetzt schon sehr extensiv formuliert sind. So wird den Erwerbslosen u.a. eine tägliche Wegstrecke zur Arbeit von zwei Stunden hin und zwei Stunden zurück zugemutet sowie eine Lohneinbusse von 30 Prozent bezogen auf den versicherten Verdienst. Wenn das Gesetz ferner besagt, dass bei der Zumutbarkeit die gesundheitlichen Verhältnisse, das Alter und die persönliche Situation berücksichtigt werden müssen, so dient das zwar auch den Interessen der Erwerbslosen, aber in erster Linie denjenigen der Wirtschaft, die Jobsuchende im fortgeschrittenen Alter sowieso nicht mehr einstellen will. 

Die Arbeitslosen sind die Letzten, die kein Verständnis für den Ruf nach weniger Abhängigkeit von ausländischer Produktion haben, wie das SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi gemäss NZZ vom 19.4.2020 in einem Argument gegen die Verwässerung des Zumutbarkeits-Artikels anführt. Zu viele Erwerbslose sind Opfer der jahrelangen Auslagerungsstrategien, gegen die es bis anhin keinerlei politischen Widerstand gab, nennt ja selbst SVP-Zugpferd und Nationalrätin Martullo Blocher Unternehmen in China ihr Eigen. Die Arbeitslosen, viele davon Opfer dieser gierigen und profitorientierten Auslagerungsstrategie, nun der Zwangsarbeit zuführen zu wollen und gleichzeitig zuschauen, wie Grossunternehmen trotz Krise Dividenden und Bonis ausschütten, schlägt dem Fass den Boden aus.

Die Schweiz verfügt auch ohne die geplante Verwässerung des Arbeitslosengesetzes, über einen der liberalsten und am wenigsten regulierten Arbeitsmärkte im europäischen Raum. So weist die Schweiz im OECD-Vergleich bei den Älteren die höchste Rate an Teilzeitarbeit aus, dies nebst rund 200 000 Personen, die in Arbeit auf Abruf-Verträgen arbeiten. Letztere waren bei Kündigungen nicht einmal zum Bezug von Arbeitslosentaggeldern berechtigt, obwohl sie Arbeitslosenbeiträge einbezahlen mussten.

Ausgerechnet zum Zeitpunkt, wo das Demonstrations- und Versammlungsrecht ausser Kraft ist, einen Abbau von sozialen Errungenschaften politisch im Eiltempo beschliessen zu wollen, zeugt von einem inakzeptablen politischen Verständnis von Volksrechten.

Der Angst vor der Zunahme der Arbeitslosigkeit kann auch anders begegnet werden; So zum Beispiel über die Schaffung eines Gesetzes zum Schutz vor Altersdiskriminierung und mit wirtschaftlichen Anreizen und Subventionen, gebunden an einen temporären Kündigungsschutz.

Auf jeden Fall dürfen die Schwächsten der Gesellschaft nicht dafür büssen, dass die Regierung im Vorfeld der Krise Wichtiges verschlampte, das bei anderer Handhabung und Prioritätensetzung nicht zwangsläufig zu einem solch umfangreichen Lockdown – der den Menschen und der Wirtschaft massiven Schaden zusetzte – hätte führen müssen. Auch das Parlament, das in seiner Funktion als oberster Gesetzgeber seinen Platz auf der Kommandobrücke hasenfüssig viel zu schnell räumte, soll vorerst vor der eigenen Türe kehren, bevor es die Kosten der Krise nach unten abwälzt.

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