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Achtung Erwerbslose: Jeder Rappen auf 10 Jahre zurück ausweisen, wer EL beantragt

Wer künftig EL beantragt, muss auf 10 Jahre zurück den Vermögensverzehr ausweisen. Nebst den Lebenshaltungskosten darf jährlich nur 1/10 des Vermögens verbraucht werden, sonst werden die EL-Leistungen gekürzt. Was es unter «Lebenshaltungskosten» zu verstehen gilt, hat der Gesetzgeber auf Verordnungsebene an den Bundesrat delegiert. Aber auch der Entwurf der Verordnung, zu dem Avenir50plus Schweiz eine Stellungnahme verfasst hat, klärt den Begriff der «Lebenshaltungskosten» nicht. Wichtig zu wissen ist das vor allem für Erwerbslose, die im Alter Ü55 von ihrem Vermögen leben müssen. Wäre damit das Existenzminium der Sozialhilfe oder der EL-Leistungen gemeint, wäre das ein absolut unverhältnismässiger Eingriff in das Eigentumsrecht.

Stellungnahme zur EL-Verordnung
Verordnung

Älterer Artikel: Das kürzlich revidierte Ergänzungsleistungsgesetz soll Anfang 2021 in Kraft treten. Die entsprechende Verordnung ist seit Anfang Juni 2019 bei den Verbänden und Parteien in Vernehmlassung (Frist: 19.9). Wer künftig im Alter Ergänzungsleistungen (EL) will, um den Lebensunterhalt zu decken, muss den Vermögensverzehr der letzten zehn Jahre im Detail belegen! Ressourcenvoller Umgang mit Steuergeldern in Ehren, würde man mit eben diesem krämerischen Kleingeist, der die EL-Gesetzesrevision dominierte, dem Treiben des Finanzkasinokapitalmarktes Grenzen setzen, es würde sich dies für den Staat um ein Vielfaches mehr lohnen. Etwas über 40 Millionen soll die Revision pro Jahr an Einsparungen generieren oder 401 Millionen bis 2030.

Anspruch auf EL haben grundsätzlich Personen mit Reinvermögen unter
100 000 Franken, bzw. bei Ehepaaren 200 000 Franken. Bei alleinstehenden AHV-Beziehenden wird ab Vermögen von 30 000 Franken und bei Ehepaaren ab 50 000 Franken 1/10 des Reinvermögens als Einkommen angerechnet. Für Erwerbslose neu ist Art. 47a des Gesetzes, wonach, wer nach Vollendung des 58. Jahres erwerbslos wird, in der Pensionskasse verbleiben darf. Der Versicherte muss nicht, aber darf weiterhin freiwillig Beiträge einzahlen. Ob diese Regelung den Betroffenen mehr bringt als die Kapitalauszahlung ist fragwürdig und gilt es im Einzelfall zu prüfen.

Auch übermässiger Vermögensverzehr wird bei der Berechnung berücksichtigt. Wer jährlich ab dem Zeitpunkt des Bezuges der AHV mehr als 10 Prozent des Vermögens verbraucht, dem wird dieser Betrag so angerechnet, als ob das Vermögen noch vorhanden wäre. Als Ausnahmen sind vorgesehen; u.a. die Ausgaben für den gewohnten Lebensunterhalt während der Jahre vor dem Bezug der Ergänzungsleistungen (EL). Gemeint sind damit die letzten zehn Jahre vor Bezug der AHV.

In der Verordnung bleibt unklar, was der Begriff «Gewohnter Lebensunterhalt» beinhaltet. Einmal angenommen, das Jahressalär betrug vor der Arbeitslosigkeit 100 000 Franken. Statt Sozialhilfe einzufordern, deckt der 60-Jährige die Lebenshaltungskosten bis zum AHV-Bezug mit dem ausbezahlten Pensionskassengeld. Wie viel darf er nun verbrauchen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, um sich später Abzüge bei den Ergänzungsleistungen zu ersparen? In einem anderen Beispiel wartet der 60-Jährige mit der Auszahlung der Pensionskassengelder und bezieht dafür Sozialhilfe bis zum Zeitpunkt der Zwangspensionierung (62 J. bei F, 63 J. bei M). In diesen drei Jahren muss er, alleinstehend, mit einem Grundbedarf von 986 Franken exkl. Miete von rund 900 Franken, den Unterhalt bestreiten. Darf er nun nach Auszahlung der Pensionskassengelder für seinen gewohnten Lebensunterhalt nur Ausgaben in der Höhe der vormals bezogenen Sozialhilfegelder ausgeben, um später beim Bezug von EL nicht benachteiligt zu werden oder gilt als Standard der über weite Teile seines Lebens gelebte höhere Lebensstandard? Klarheit schafft die Verordnung für diese Fälle nicht.

Nicht als Vermögensverzehr wertet die Verordnung Zahnarzt- und Krankenkosten, Ausgaben für den Werteerhalt der Liegenschaften sowie unfreiwillige Vermögensverluste, wie u.a. Verluste durch Börsenspekulation! Das Geldspiel an der Börse wird nicht bestraft, dafür aber dasjenige der Kleinen an den Spielautomaten, obwohl ersteres für die Wirtschaft belastender oder gefährlicher sein könnte.

Erwerbslosen stellt sich u.a. die Frage, wie sich denn der Kauf eines Autos im Alter von 56 Jahren, eventuell im Hinblick auf eine bessere Vermittelbarkeit, auf den späteren Bezug von EL auswirkt? Ein Auto gilt genauso wie der Kauf von Schmuck lediglich als Vermögensumschichtung, wird beim Vermögensverzehr kaum oder nicht in Rechnung gestellt.

Inwiefern wird nun ein Erwerbsloser, heute 55-jährig in der Rückschau auf die letzten 10 Jahre seines Vermögensverzehrs betroffen sein, wenn er einst EL beantragen muss? Die Übergangsfristen sehen vor, dass das Jahr der Inkrafttretung (voraussichtlich 2021) zum Referenzjahr wird. Bezieht also jemand im Jahre 2022 die AHV, dann muss er seinen Vermögensverzehr nur bis 2021 zurück ausweisen, also lediglich während eines Jahres, bei 2023 sind es dann zwei Jahre usw. Der heute 55-jährige, der in zehn Jahren die ordentliche Pension bzw. in acht Jahren die Zwangspensionierung antritt, muss noch acht bzw. sechs Jahre zurück seine Belege für den Vermögensverzehr vorlegen.

Auf diejenigen, die bereits EL beziehen wird das Gesetz drei Jahre nach Inkrafttretung ebenfalls Anwendung finden, was u.a. auch den Verlust von EL zur Folge haben könnte. Näheres findet sich in den Übergangsbestimmungen zum Gesetz Seite 2612.

Wehe den Personen, die ins Alter kommen und vielleicht zu den Illetristen, zu den Menschen gehören, die eine Lese- und Schreibschwäche aufweisen – in der Schweiz sind es rund 800 000 an der Zahl – und die die Belege und Beweise ihres Vermögensverzehrs während den letzten 10 Jahren vorlegen müssen! Wahrscheinlich wird der Aufwand der Beratungspersonen dieser Zielgruppe höher zu stehen kommen, als die Einsparungen, die durch diese Massnahmen erzielt werden, oder aber es wird einige automatisch davon abhalten, die ihnen rechtlich zustehenden Ergänzungsleistungen zu beantragen. Und das wäre dann ganz im Sinne der Mehrheit des heutigen Parlamentes.

Avenir50plus Schweiz bittet alle um Input zur Vernehmlassung der EL-Verordnung. Abänderungsvorschläge sind lediglich möglich zur Präzisierung der Gesetzesartikel, nicht jedoch zu den Gesetzesartikeln selbst, denn diese wurden vom Parlament bereits verabschiedet.
Gesetz
Verordnung in Vernehmlassung bis 19.9.2019

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