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Nicht einmal 10 Prozent der Ausgesteuerten im Alter 60plus profitieren von der Überbrückungsleistung (ÜL). Seit deren Einführung Mitte 2020 kamen nur 169 Personen in den Genuss dieser Leistung, wie der Bundesrat anlässlich der Beratung der Interpellation von Paul Rechsteiner (SP) am 13.9.2022 ausführte. Damit wird sie zum reinen Alibi, wie das Avenir50plus von Anfang an vermutete, oder anders ausgedrückt: Sie zerbröselte im Hahnenkampf zwischen SVP und den Linken im Tauziehen um die Begrenzungsinitiative auf Kosten der älteren Arbeitslosen.  

Harsche Kritik übte neben Rechsteiner auch Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider (JU), die gleichzeitig auch als Co-Präsidentin der SKOS amtet. «Wir sehen, dass Personen ab 55 Jahren, die arbeitslos werden Gefahr laufen, in die Sozialhilfe abzurutschen. Ein weiteres Thema ist die Anzahl Ausgesteuerter. Während im Mai 2022 2’487 Personen ausgesteuert wurden, waren es im Juni 2022 4’357 Personen. Im Vergleich zu dieser letzten Zahl sind es Personen ab 45 Jahren und Personen ab 50 Jahren, die am häufigsten ausgesteuert werden. Auf SKOS-Ebene erachten wir es daher als äusserst wichtig, spätestens 2023 eine Studie zur Lage der Betroffenen durchzuführen, um eine geeignete Antwort zugunsten einer würdigen Situation der Ausgesteuerten zu finden.»

Ins Leben gerufen wurde die ÜL als Zückerchen für Ältere, damit sie der Begrenzungsinitiative der SVP nicht zustimmten. Diese Leistung sollte sie davor schützen, dass sie kurz vor der Pensionierung ihr Altersguthaben aufbrauchen müssen.

Im Schnellschussverfahren schränkte das Parlament vorerst den Wirkungskreis ein und zimmerte ein Regelwerk, das gleich gehandhabt wird wie die Ergänzungsleistungen, wodurch das Ziel einer Überbrückung in der Praxis komplett verfehlt wird. Die Klagen von Betroffenen sind hoch. Darüber, dass die Arbeitswelt sie frühzeitig ausschliesst, aber auch darüber, dass man ihnen eine Überbrückungsleistung in Aussicht stellte, die sie nie erhalten werden.  

Damit die ÜL zu einem wirkungsvollen Instrument wird, muss sie komplett abgekoppelt werden von der Rechtssprechung der Ergänzungsleistungen. Ein Modell, dass Vorbild sein könnte, ist das Modell der Leistung der Arbeitslosenhilfe Schaffhausen. Zum Beispiel Höchstbetrag 4800 CHF abzügl. Einkommen aus Teilzeitarbeit und oder RAV-Versichertenlohn, abzüglich 10 Prozent Vermögen (Auto und 3. Säule nicht Vermögen), keine Nachforschungen über Vermögensverzicht. 

Beispiele aus der Praxis

  • Personen, die vor 60 ausgesteuert werden, können selbst dann nicht von dieser Leistung profitieren, wenn sie 60 und weiterhin ohne Arbeit sind.
  • Arbeitslose, die aufgrund Zwischenverdienste im Alter 60plus eine zweite Rahmenfrist bei der Arbeitslosenversicherung erhalten, erhalten keine ÜL und sind damit teilweise finanziell schlechter gestellt als Beziehende einer ÜL.
  • Aufgrund bürokratischer Monsterabklärungen und langer Verfahren müssen die Antragsstellenden ihr Pensionskassenvermögen frühzeitig auslösen, um die laufenden Lebenshaltungskosten zu berappen. Ausgelöstes PK-Vermögen gilt jedoch als Vermögen und so verlieren sie erst recht ihren Anspruch auf ÜL.
  • Der Anspruch von Frau L. wurde abgelehnt, obwohl sie nur ein Vermögen von 40’000 Franken auszuweisen hat. Zum Verhängnis wurde ihr das eigene Auto (gilt als Vermögen).
  • Frau E. verzichtete vor einigen Jahren, als sie noch nicht arbeitslos war, auf den Erb-Pflichtteil zugunsten des noch lebenden Elternteils. Das tun heute viele anständige Menschen. Das wird ihr von der ÜL-Behörde so angerechnet, als ob das Geld noch vorhanden wäre. Damit überschreitet sie die zulässige Vermögensgrenze von 50’000 Franken. Muss der überlebende Elternteil ins Heim, dann fliesst der Erbverzicht an den Staat.
  • Herr K., vor 30 Jahren eingewandert, arbeitete stets im Niederlohnsektor. Aufgrund von Rückenproblemen wurde im gekündigt. Fristgerecht meldete er sich Mitte 2021 beim SVA an. Sparsam wie er und seine Familie lebte, vermochten sie für 40’000 Euro eine Wohnung in der Heimat zu kaufen, die auch zu diesem Wert in der Steuerrechnung aufgeführt war. Die ÜL-Behörde setzte diese Wohnung beim Vermögen kurzerhand für 120’000 Euro ein und berief sich dabei auf das kantonale Steuergesetz (3-facher Steuerwert). Sein Anspruch wurde abgelehnt mit dem Hinweis, sein Vermögen überschreite die Grenze von 100’000 Franken für Ehepaare. Aufgrund seiner Einsprache lief das Verfahren weiter. Um den Lebensunterhalt berappen zu können, musste er diese Wohnung leider verkaufen. Anderthalb Jahre später erhielt er von den Behörden einen 3-seitigen Fragenkatalog. U.a. erhielt er den Vorwurf, er hätte die Wohnung teurer verkaufen können. Man will ihm so einen Vermögensverzicht anhängen. Das Ende ist noch nicht abzusehen.
  • Wer einige Jahre IV erhielt, danach jedoch im Alter über 50 den Rentenanspruch verliert, kann dadurch unter Umständen die erforderlichen 20 Jahre Berufstätigkeit in der Schweiz nicht aufweisen, zumindest die erforderlichen 5 Jahre im Alter über 50 nicht. Somit erlischt ein Anspruch auf ÜL.
  • Ein arbeitsloser Familienvater löste frühzeitig sein PK-Vermögen aus, um sich im Ausland selbständig zu machen. Das Geschäft lief schief. Sein Anspruch auf ÜL wurde abgelehnt. Der Vermögensverzehr versuchte man ihm als Vermögensverzicht auszulegen, obwohl der Vermögensverzehr bei den ÜL erst ab Datum Anmeldung ausgewiesen werden muss.  

Vor diesem Hintergrund reichte Avenir50plus im Dezember 2021 in verschiedenen Kantonen Petitionen für Kantonale Brückenleistungen ein. Ziel war, dass zumindest die Überbrückungsleistung
des Bundes ü
berarbeitet wird. Bundesrat Berset meinte anlässlich der oben aufgeführten Ratsdebatte entgegen der von seinem Departement vorbereiteten Stellungnahme, dass die Verwaltung eine Überprüfung dieser Leitung vor der gesetzten Frist von fünf Jahren vornehmen muss. 

Das Resultat der Beratungen in den Kantonen:

AG Antwort Regierungsrat

BE Antwort Regierungsrat

BL Antwort Parlament
BL Antwort Petitionskommission 

BS Antwort Parlament

LU Antwort Parlament

ZH Antwort Kommission und Regierung

SG keinerlei Antwort

 

 

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