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Die Politik der Appelle wird auch mit der dritten Jahreskonferenz der Sozialpartner fortgesetzt. Einmal mehr vergeben sich die Akteure damit die Chance, endlich eine Trendwende einzuläuten. Seit Einführung der Personenfreizügigkeit steigt die Zahl der Stellensuchenden Ü45 stetig an. Im März verzeichnete das Seco über 86 154 Personen im Alter Ü45 auf Stellensuche. Das sind 17 426 mehr als im März 2012. Hinzu kommen noch mehrere zehn Tausend Ausgesteuerte, die von ihrem Ersparten leben oder Sozialhilfe beziehen. Der Fachkräftebericht des Bundesrates aus dem Jahre 2011 geht davon aus, dass rund 420 000 Personen im Alter zwischen 55 und 65 Jahren nicht mehr im Arbeitsprozess sind, die jedoch arbeiten könnten. Statt sich der Lage zu stellen, reden der Bundesrat und die Sozialpartner die Zahlen der älteren Erwerbslosen weiterhin schön.

In den Vordergrund stellte die Konferenz erneut den Aufruf zur individuellen Weiterbildung. Ein Hohn, diese Worte von denjenigen vernehmen zu müssen, die Anfang Jahr ein zahnloses Weiterbildungsgesetz in Kraft setzten, dass auf eine Fürsorgepflicht der Arbeitgeber in Bezug auf Weiterbildung verzichtet. Das Beispiel Finnland macht deutlich, dass der Fokus auf betrieblicher Weiterbildung äusserst erfolgsversprechend ist, wenn es darum geht, die Arbeitnehmenden auf die Digitalisierungswelle vorzubereiten. Appelle für Standortbestimmungen in der Lebensmitte, ohne Anschlusslösungen in Form von offenen Stipendientöpfen oder Quereinsteigermodellen, sind Lösungsvorschläge für das Schaufenster.

Nicht die fehlende Weiterbildung scheint zudem das Hauptproblem zu sein, warum ältere Jobsuchende erschwert Zugang zum Arbeitsmarkt finden. Die Tatsache, dass die älteren Langzeitarbeitslosen in der Schweiz im OECD-Vergleich länger arbeitslos sind, lässt den Schluss zu, dass dies im Zusammenhang steht mit den höheren Sozialabgaben, die bei Älteren in der Schweiz aufgrund der Altersstaffelung der Pensionskassengesetzgebung anfallen. Obwohl CVP und FDP in der Vergangenheit immer wieder auf diesen Stolperstein bei der Reintegration von Älteren hingewiesen haben, wurde er im Rahmen der Altersreform 2020 nicht ausgeräumt. Dass der Druck auf die Löhne der Älteren jetzt als korrektiv hinhalten muss für die verpasste Chance der politischen Entscheidungstragenden, ist unannehmbar.

Die Diskriminierung, der sich Ältere bei der Jobsuche täglich auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt sehen, kann nur mit einem gesetzlichen Diskriminierungsschutz gestoppt werden. Dass der Verfassungsartikel 8 nicht ausreicht, um auf der Ebene des Privatrechtes, zu dem das Arbeitsrecht gehört, zu klagen, hat der Bundesrat in seinem Bericht im Frühjahr 2017 bestätigt. Deutschland hat in einem Pilotmodell, das sich auf den Diskriminierungsschutz stützt, aufgezeigt, dass anonymisierte Bewerbungsverfahren die Chancen von vulnerablen Gruppen, zu denen auch Ältere gehören, deutlich verbessern.

Dass die Konferenz die Betroffenen ausschliesst, während dem sie umstrittene Arbeitsmarkt-Fachleute wie Shelden einlädt, um deren Standpunkte einzubringen, ist für uns inakzeptabel.
Medienmitteilung Avenir50plus als PDF
Medienmitteilung der Jahreskonferenz

Quellen:
Statistik Seco Stellensuchende
Leitfaden für anonymisierte Bewerbungsverfahren
Bundesrat 2017: Recht vor Schutz auf Diskriminierung
Beispiel Finnland, Fortschrittrapport 4, der deutschen Arbeitsmarktbehörde, Seite 28/28

Weitere Berichterstattung im Umfeld der Jahreskonferenz

Beiträge zum Thema Menschen mit und ohne Arbeit

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