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Statt wie vereinbart, die strittigen Punkte des Manifestes 50plus im März 2018 gemeinsam mit den Erwerbslosen im Bundeshaus zu bereinigen, teilte das Trio Pardini, Wermuth und Rytz den Teilnehmenden 50plus per Mail vom 19. März überraschend das AUS mit.

Eine breite Allianz von NationalrätInnen unter der Führung von Corrado Pardini nimmt sich der Anliegen der älteren Erwerbslosen an, titelte der Blick im Juni 2017. Rund 50 Betroffene fanden sich damals nebst den Erwerbslosenverbänden im Bundeshaus zur Auslegeordnung ein. Das an der zweiten Zusammenkunft im November vom Trio in einem Schnellschuss verfasste und vorgelegte Manifest 50plus, erlitt im Austausch mit Betroffenen erste Abstriche. So mussten positive Aussagen zur Personenfreizügigkeit auf Druck der Erwerbslosenverbände gestrichen werden. Auch die Forderung nach einem umfassenden Kündigungsschutz erlitt Schiffbruch. Das strittige Anliegen nach altersneutralen Pensionskassenbeiträgen wurde wohlweisslich auf den dritten Austausch im März 2018 vertagt. Dieser Forderung hätten Pardini & Co niemals zustimmen können. Mit einem AUS manövriert sich das Trio geschickt aus der Verantwortung, allenfalls einem Mehrheitsentscheid folgen zu müssen.

Die Frage bleibt, ob man auf diese Weise mit gleichberechtigten Partnern umgeht? Es war der Vorsitzende Corrado Pardini, der an der Novembersitzung im Bundeshaus explizit Wert auf die Feststellung legte, dass alle im Saal gleichberechtige Partner seien. Das AUS jedoch wurde vom Trio im Alleingang beschlossen.

Zankapfel altersabhängige Pensionskassenbeiträge
Seit Einführung der zweiten Säule sind die altersabhängigen Pensionskassenbeiträge ein Zankapfel. Sie standen schon immer im Verdacht, die älteren Jobsuchenden auf dem Arbeitsmarkt zu diskriminieren. Mittlerweile benennt dies auch die OECD gegenüber dem Bundesrat. Im Rahmen des Berichtes Polla gewährte der Bundesrat 1995 den Betroffenen als Antwort auf entsprechende Vorstösse des Parlamentes eine Frühpensionierungslösung, die man jetzt im Hinblick auf ein längeres Arbeitsleben wieder zurück nimmt. Das Seco reagierte zusätzlich mit der Einführung der besonderen Einarbeitungszuschüsse (EAZ) für Ältere. Stellen Arbeitgeber Ältere ein, können diese im ersten Halbjahr gegenüber der Arbeitslosenkasse bis 60 Prozent des Lohnes geltend machen. Im zweiten Halbjahr, das in der Praxis meist nicht bewilligt wird, wären es noch 40 Prozent. Dieses Instrument, so gut gemeint es als Ausgleich für höhere Pensionskassenbeiträge bei Älteren auch ist, es hat einen diskriminierenden Aspekt. Wer will schon mit einem prallen Ausbildungs- und Erfahrungsrucksack seinem zukünftigen Arbeitgeber Einarbeitungszuschüsse in Aussicht stellen müssen. Für Arbeitgeber tönt das nach verminderter Leistungsfähigkeit, und das trifft in der Regel nicht zu. Zudem werden die EAZ von einigen Kantonen immer noch sehr restriktiv gehandhabt.

Handlungsbedarf vor den Wahlen unbestritten
Allen voran die CVP sieht in den altersabhängigen Beiträgen seit Jahren einen Stolperstein für ältere Jobsuchende. Vor den letzten Wahlen griff auch FDP-Ständeratskandidat Philipp Müller dieses Thema in der Sonntagszeitung auf. Als ehemaliger Maler und Gipser-Meister wusste er nur zu genau, wie KMU-Arbeitgeber rechnen müssen in Konkurrenz mit den EU-Anbietern. Auch die NZZ stellte die altersunabhängigen Beiträge als alte Zöpfe in Frage. Doch kaum war die Wahl-Show über die Bühne, verschwanden die kritischen Stimmen bei der Beratung im Rahmen der Altersreform 2020. Alles blieb beim Alten. Nicht einmal die minimen Anpassungen, die Bundesrat Berset vorschlug, hatten eine Chance.

Bedenkliche Rolle der Gewerkschaften
Ökonom Daniel Lampart vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) wird nicht müde, das Thema der altersabhängigen BVG-Beiträge landauf, landab herunterzuspielen, als wäre der SGB Architekt dieses misslichen altersdiskriminierenden BVG-Konstruktes. Auch Pardini stellt sich in dieser Frage hinter Bundesrat Schneider Ammann und das Seco, wie das aktuelle Schreiben belegt. In deren Augen sind die höheren Sozialabgaben kein Thema für Arbeitgeber bei der Anstellung. Diejenigen, die da so herbeireden, wissen aus ihrer Praxis haargenau, dass viele Firmen ihr Personal direkt im Ausland rekrutieren, um Lohnkosten tief zu halten. Im Gegensatz dazu sind die meisten KMU-Arbeitgeber mittlerweile so ehrlich, dass sie den Kostenfaktor der höheren BVG-Beiträge von sich aus thematisieren. Doch ausgerechnet an den Linken prallen solche Statements ab. Das ist enttäuschend, denn bei einigen Anliegen wie Weiterbildung oder Ausbau der ALV-Leistungen für Ältere, die Avenir50plus wichtig sind, ist die SP ein verlässlicher Partner im Bundeshaus.

Stufenweise Hinführung zu altersneutralen Beiträgen
Die Hinführung zu einer altersneutralen Lösung ist mit Kosten verbunden. Das ist Avenir50plus bewusst. Verbesserungen sind selten kostenneutral. Aber die älteren Jobsuchenden, die aufgrund der Alterung der Gesellschaft immer mehr werden, zehn und mehr Jahre vor der Pensionierung in die Arbeitslosigkeit zu entlassen, ist auch keine kostenneutrale Lösung. Folgekosten zeigen sich im Gesundheitswesen, in der Sozialhilfe, im Alter bei den Ergänzungsleistungen. Die steigende Unzufriedenheit in der Bevölkerung sowie die Angst vor Armut im Alter kennt ihren eigenen Preis. Die Arbeitsproduktivität wird davon nicht profitieren.

Übergangslösung: Subventionierung der Arbeitgeberbeiträge durch ALV
In einer Übergangslösung könnte der Bundesrat die EAZ für Ältere, die in der Praxis selten voll ausgeschöpft werden, einsetzen für die Subventionierung der Arbeitgeberbeiträge bei älteren Jobsuchenden, so wie es zwei Kantone in der Schweiz im Kampf gegen Arbeitslosigkeit im Alter bereits handhaben. Im Kanton Freiburg erhalten die Arbeitgeber während eines Jahres die Arbeitgeberbeiträge subventioniert, wenn sie einen älteren Mitarbeitenden einstellen. Die Erfahrungen damit sind positiv, kommuniziert die Regierung, und setzte das Alter der Versicherten, die von einer solchen Lösung profitieren, von 50 auf 45 Jahren herunter.

Bald eine nationale Initiative
Workfair 50+ Basel hält die Bedenken der mit ihr befreundeten SP nicht davon ab, demnächst eine nationale Initiative zu lancieren, die altersneutrale BVG-Beiträge verlangt, bekräftigt Pierre Bayersdörfer im Gespräch mit Avenir50plus. Sein Motto: Jetzt erst recht. Avenir50plus wird dieses Anliegen im Rahmen der Möglichkeiten unterstützen, aber wegen fehlender Kapazität nicht im Initiativkomitee mitarbeiten. Die kostenlose Beratung der Betroffenen ist und bleibt für Avenir50plus ein wichtiges Anliegen, das nicht Ideen geopfert werden darf, deren Umsetzung, falls überhaupt, erst in zehn Jahren zu erwarten ist.

Heidi Joos

Beiträge zum Thema Menschen mit und ohne Arbeit

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