(HJ) Das geht aus der neuesten Amosa-Studie hervor, die im Auftrag der Ostschweiz, Aargau, Zug und Zürich erstellt wurde. Bereitschaft Ältere einzustellen, zeigen ausgerechnet jene Unternehmen, die bereits einen hohen Anteil an Älteren beschäftigen, so z.B. die Gesundheitsbranche. Download Studie
Mehr als ein Drittel der befragten Arbeitgeber beurteilen hohe Lohnerwartungen von älteren Stellensuchenden als potentiellen Knackpunkt für deren Einstellung. Höhere Lohnnebenkosten seien hingegen kein Thema. Das Vorurteil gegenüber den Stellensuchenden steht im Widerspruch zur hohen Konzessionsbereitschaft der Betroffenen, die sich u.a. daran misst, dass Ältere, falls sie wieder einen Job finden, tiefere Löhne ausweisen als vor der Erwerbslosigkeit.
Bei den KMU bekennt sich jedes fünfte Unternehmen zu den in Kritik stehenden elektronischen Selektionstools bei Bewerbungen, bei den Grossunternehmen trifft dies auf ein Drittel zu. Solche Tools erlauben die Selektion der Bewerbenden u.a. nach Alter. Bewerbungen werden dadurch unmittelbar nach dem Einsenden ungelesen an die Adresse der Absender retourniert.
Die Anforderungen in Bezug auf die Soft Skills scheinen die Älteren zu erfüllen. Einzig bezogen auf Lernbereitschaft und Flexibilität werden die Jüngeren etwas positiver beurteilt. Dennoch kennen die meisten Unternehmen keine Weiterbildung von Älteren, die auf deren Verbleib im Unternehmen bis zur Pensionierung ausgerichtet ist.
Im Verhältnis zu jüngeren Personen sind über 50-Jährige vor allem im Bereich der Informations- und Kommunikationsdienstleistungen, im verarbeitenden Gewerbe sowie im Finanz- und Versicherungsgewerbe überdurchschnittlich stark von Arbeitslosigkeit betroffen.
Ältere seien auch vom Wandel bei der Rekrutierung besonders betroffen. Gefragt seien aktuell Mitarbeitende, die selbständig, teamfähig und motiviert sind, gleichzeitig ausgestattet mit Kompetenzen wie hohe Kunden-, Dienstleistungs- und Ergebnisorientiertheit. Skills, die somit in keiner Bewerbung fehlen dürfen, vorausgesetzt sie treffen zu.
Handlungsfelder
Ein wichtiges Ziel sei die pessimistische Einstellung von Älteren zu verändern, nebst dem Aufbau von Motivation und Kompetenzen. Als wichtig wird die Pflege der Netzwerke genannt. Von Arbeitgebern wünscht man sich flexiblere Arbeitszeitmodelle. Empfohlen werden Sensibilisierungskampagnen. Ferner soll auch die Umschulung und Weiterbildung in den Fokus rücken, allen voran die Förderung von ICT-Skills.
Kommentar Heidi Joos
Resultate von Studien sind stets mit Vorsicht zu geniessen. Bekanntlich neigen Befragte zu Schönfärberei. Das versteht sich umso mehr, wenn Auftraggeber der Studie die Arbeitsmarktbehörden sind. So erklärt sich der Widerspruch, dass die befragten Arbeitgeber einerseits grosse Ängste zeigen vor zu hohen Lohnforderungen der Älteren, zur gleichen Zeit aber brav zu Papier geben, dass die bei Älteren anfallenden höheren Lohnnebenkosten keine Rolle beim Selektionsverfahren spielten. Wer eh kein Potential sieht, um Ältere einzustellen, und das ist immerhin eine Mehrheit der befragten Arbeitgeber, kann sich locker auch solche Widersprüche, die dem Interesse der bürgerlichen Politik dienen, von sich geben. Die Altersstaffelung bei den Pensionskassenbeiträgen ist nämlich demnächst erneut Zankapfel bei der Vorlage der AHV-Revision, die im Herbst ins Parlament kommt. Die Bürgerlichen haben zumindest bei der letzten AHV-Revision jegliche Angleichung an eine altersneutrale Gestaltung dieser Beiträge, entgegen dem Vorschlag des Bundesrates, verworfen. Dabei pfeifen es die Spatzen seit Jahren von den Dächern, dass darin der Stolperstein für Ältere bei der Jobsuche liegt.
Zumindest unbestritten ist seitens der Arbeitsmarktbehörden die erschwerte Arbeitsmarktlage für Ältere. Der stete Tropfen, mit dem Avenir50plus Schweiz seit neun Jahren Öffentlichkeit und Politik berieselte, tat seine Wirkung. Doch wenn es um Massnahmen geht, erschöpfen diese sich meist in Rezepten der Schuldzuweisungen Richtung Betroffene, denen es an Zuversicht und dergleichen mangle im Umgang mit der Jobsuche. Gegenüber den Arbeitgebern belässt man es seit Jahren bei Appellen, ein Rezept, dass seit der Globalisierung und Internationalisierung der Unternehmen bekanntlich nicht mehr fruchtet. Konzepte, wie Age-Management oder Generationenmanagement, bei denen es darum ginge, die Mitarbeitenden gesund ins Pensionsalter zu führen, sind zwar schon seit Jahren als Empfehlungen der internationalen Organisationen zur Bewältigung im Umgang mit alternden Belegschaften bekannt, doch um die Umsetzung scheren sich die Wenigsten. SMI-Unternehmen, die sich locker solche HR-Konzepte leisten könnten, schert dies einen Teufel. Günstiger erscheint ihnen immer noch die Frühpensionierung, weisen sie denn immer noch einen Anteil von bis zu 90 Prozent auf. Den KMU, die am ehesten willig wären, fehlt es am Support durch Baukastensysteme, wie diese in Deutschland den Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Irgendwann, so die Befürchtungen der Autoren der HSLU-Studien zum Generationenmanagement, könnte sich diese Ignoranz in Form einer sinkenden Produktivität rächen.
Die Stärkung der ICT-Kompetenzen der Älteren im Hinblick auf die Digitalisierung wird zwar als Handlungsbedarf erkannt, doch in der Praxis muss immer noch kämpfen, wer auch nur ein ECDL-Office-Zertifikat absolvieren will, um arbeitsmarktfähig zu bleiben. Der Fokus allein auf der Förderung der Grundkompetenzen ist denn auch ungenügend, geht es aufgrund der rasant fortschreitenden Digitalisierung bald darum, Heere von gestrandeten Ausgebildeten in neue Berufe umzuschulen. Ohne Harmonisierung der Stipendienlandschaft, entsprechenden Bildungskonzepten, wie sie u.a. auch vom Arbeitgeberverband Swissmen (Lehre 40plus) gefördert werden, sowie gefüllten Geldtöpfen, bleiben vor allem die Älteren auf der Strecke. Die aktuelle Seco-Statistik für Juni 2021 zeigt deutlich, dass sie zu den Verlierern der Corona-Politik gehören.
Unsere Forderungen, die wir (damals hiessen wir noch 50plusoutInwork) 2015 in die Jahreskonferenz Alter und Arbeitsmarkt eingebracht haben, haben ihre Aktualität leider noch nicht eingebüsst. Download